Herbsttradition im Tessin: Kastanientrocknung in der Grà
Die Traditionen rund um die Kastanie sind unzählig und dies zu Recht. Auch wenn wir uns heute oft nur noch im Herbst daran erinnern, wenn sich der Duft von gerösteten Kastanien in der Luft verbreitet, waren Kastanien in der Vergangenheit ein wesentlicher Bestandteil unserer Ernährung.
Jedes Jahr bewahrt die Grà Moghegno eine der vielen Traditionen im Tessin, die verloren zu gehen drohen. Aber nicht nur, sie wird dank der Beteiligung von Schulen in der Region aktiv an neue Generationen weitergegeben.
Die Grà
Kastanien waren in der Vergangenheit ein unverzichtbares Lebensmittel in der Ernährung, dass daraus gewonnene Mehl war billiger als jenes aus Weizen und die ganzen Kastanien wurden mit Gemüse, Reis, Fleisch, in Suppen oder Süssigkeiten gegessen… Da es jedoch Früchte sind die leicht durch Schimmelpilze und Larven beschädigt werden können, wurden effektive Methoden angewendet, um sie über lange Zeit haltbar zu machen. Das Trocknen auf einem Rost war eine der häufigsten Methoden im Tessin, weshalb man immer noch viele dieser Grà sehen kann – kleine Steinhäuschen zum Trocknen von Kastanien, deren Name vom Rost stammt, auf dem die Kastanien während des Prozesses platziert wurden.
Die Tradition im Detail
Das Beladen der Grà
Nach dem Sammeln werden die Kastanien zum Grà transportiert, wo sie gewogen und registriert werden, bevor man sie auf dem Rost im Obergeschoss des Häuschens verteilt. Das mit Kastanienholz vorbereitete Feuer im Erdgeschoss wird entzündet. In Moghegno findet die Beladung in der Regel von 10.30 bis 12.30 Uhr statt.
Das Trocknen
Sobald die Ladung erfolgt ist, beginnt der längste und mühsamste Teil des Prozesses. Das Feuer brennt während drei Wochen. In dieser Phase ist das Wichtigste die Wärme, die vom Feuer abgegeben wird, die Flammen werden teilweise von den Schalen der Kastanien des Vorjahres bedeckt und schütz davor, damit sie nicht zu hoch ansteigen. Während dieser drei Wochen müssen die Kastanien alle 3-4 Tage gewendet werden, das Feuer wird kontrolliert und dreimal täglich wird Holz nachgelegt.
Das Entladen der Grà
Nach drei Wochen haben die Kastanien ein Drittel ihres Gewichts verloren. Sie sind bereit zum Entladen! Die noch warmen Kastanien werden in lange Tuchtaschen gelegt und geschlagen. Gemäss der Tradition sind es die Männer die für diese Aufgabe verantwortlich sind, die Taschen auf Holzklötze zu schlagen um die Schale zu zerbrechen, solange bis man die Geräuschänderung hört. Heute ist dieser Teil den Kindern der Schulen anvertraut, die am Projekt teilnehmen. Nach dem Schlagen werden die Kastanien in den Ventilator (den Val) gelegt und vom Pulver der Schale getrennt.
Die Reste der Schale werden im folgenden Jahr verwendet, um das Feuer der Grà damit zu bedecken. Der letzte Schritt ist die Reinigung von Hand der weissen Kastanien. Früher diente dieser Akt dazu, die Schönsten, welche dazu bestimmt waren ganz gegessen zu werden, von den bereits zerkleinerten, die zu Mehl verarbeitet wurden, zu trennen. Nach der Reinigung werden die Kastanien mit 32% ihres Ausgangsgewichts an ihre Besitzer zurückgegeben, da sie beim Trocknen mehr als die Hälfte ihres Gewichts verlieren.
Die Entladung der Grà ist zudem eine wichtige Gelegenheit für Kinder, der Kultur der Kastanie näher zu kommen. Während des Entladens sind die Schulen nicht nur an direkten Aktivitäten wie dem Schlagen von Kastanien beteiligt, sondern auch an einem Lehrpfad, der eine Reihe von Stationen beinhaltet, bei denen sie mehr über die Geschichte der Kastanien in Moghegno erfahren können.
Dies ist auch der ideale Zeitpunkt, um den Themenweg Moghegno und die Grà zu erkunden und die Geheimnisse der Kastanientrocknung zu entdecken.
Quelle: Ascona-Locarno Tourismus